Rundfunksender in Österreich



 
Der Sender Wien-Rosenhügel
(1925-1933)
 

Am 1. Oktober 1924 nahm die RAVAG den regulären, täglichen Sendebetrieb auf "Welle 530" auf, wobei ein nur 350 Watt starker Sender am Dach des früheren Kriegsministeriums am Stubenring in der Wiener Innenstadt zum Einsatz kam. Eigentlich war es die Wellenlänge 531 m (= 565 kHz). Der Erfolg des neuen Mediums war sensationell. Trotz der anfänglich geringen Sendeleistung stieg die angemeldete Teilnehmerzahl innerhalb von nur 4 Monaten von 11.000 auf über 100.000 an.

Bereits im Herbst 1924 gelangte man zur Auffassung, ehest möglich in Wien einen "Großsender" zu errichten, so wie dies auch in anderen Ländern erfolgte. Schon am 11. März 1925 wurde bei "Telefunken" ein Sender mit 7 kW Telephonieleistung in Auftrag gegeben. Für derlei hohe Sendeleistungen war jedoch ein gutes Gegengewicht zu Sendeantenne notwendig, wofür viel Platz und eine gute Bodenleitfähigkeit erforderlich waren.

Zunächst war für den Großsender ein Standort jenseits der Reichsbrücke vorgesehen, also etwa dort, wo sich heute die UNO-City befindet. Man glaubte damals allerdings, dass die über der Großstadt befindliche Dunstschicht die Radiowellen absorbieren und damit die Signalstärke abschwächen würde. Daher entschloss man sich zu einem Standort etwas weiter außerhalb der Stadt, nämlich im Südwesten am Rosenhügel, einer Erhebung unweit des Schlosses Schönbrunn und des heutigen ORF-Zentrums.

Am Rosenhügel befindet sich seit 1873 der größte Wasserbehälter in Wien mit rund 150.000 m² Fassungsraum. Die Umgebung war damals mit Bauverbot belegt. Man errichtete die Antennenanlage daher genau auf den Wasserspeicher.

Die Bauarbeiten begannen im Mai 1925. Die Dreieck-Flächenantenne war an 3 je 85 m hohe Sendemasten, die in einem Dreieck mit 120 m Seitenlänge aufgestellt waren, aufgehängt. Da sich unterhalb der Wasserbehälter befand, konnte kein Erdnetz als Gegengewicht geschaffen werden. Man baute daher eine Gegengewichtsanlage als Drahtnetz, das an 14 im Durchschnitt 10 m hohen Masten aufgespannt war. Später sollte dies auch am Bisamberg so ausgeführt werden.

Am 24. Dezember 1925 um 5 Uhr morgens wurde der Sender erstmals versuchsweise eingeschaltet. Die offizielle Betriebsaufnahme erfolgte am 30. Jänner 1926 auf 565 kHz und sorgte sofort für Aufruhr unter den Radiohörern, denn speziell im Nahbereich des Senders gab es kaum Empfangsverbesserungen. Gerüchte machten die Runde, die Gegengewichtsanlage seit falsch berechnet worden, ja, der Standort sei überhaupt nicht für eine Sendeanlage geeignet, die RAVAG hätte dies auch schon frühzeitig bemerkt und einen anderen Standort gesucht, doch wollte man sich keine Blöße geben und hätte daher den Standort Rosenhügel fertig gestellt.

Trotz aller Beschwichtigungen und Entgegnungen der RAVAG musste an den geschilderten Problemen etwas dran gewesen sein, denn ab der 2. Märzwoche 1926 wurde der schwache Sender am Dach des ehemaligen Kriegsministeriums am Stubenring wieder eingeschaltet und übertrug parallel das Programm der RAVAG auf 515 kHz, um so die Wiener Innenstadt, wo es besonders viele unzufriedene Radiohörer gab, sicher versorgen zu können.

Mit Inkrafttreten des Genfer Wellenplanes am 14. November 1926 änderte der Sender Rosenhügel die Frequenz von 565 auf 580 kHz, der Sender Stubenring ging von 515 auf 520 kHz.

Im Sommer 1927 begann man mit dem Umbau zur Verdoppelung der Sendeleistung am Rosenhügel, wobei auch die Gegengewichtsanlage optimiert wurde. Die Betriebsaufnahme der auf 14 kW verstärkten Anlage erfolgte am 8. Mai 1928. In den 4 Wochen zuvor war die Anlage Rosenhügel abgeschaltet und nur der Sender Stubenring strahlte auf 580 kHz das Programm aus. Danach konnte der Stubenringsender endgültig außer Dienst gestellt werden.

Zwischen 1926 und Sommer 1930 wurde auch versuchsweise ein Bildfunk gesendet. Dieser musste aber mangels Zuspruch eingestellt werden.

Mit Inkrafttreten des Brüsseler Wellenplanes am 13. Januar 1929 änderte der Sender Rosenhügel die Frequenz geringfügig auf 577 kHz, aber schon am 30. Juni 1929 ging man mit dem Prager Wellenplan wieder fast die Ursprungsfrequenz 581 kHz zurück.
 

Anfang 1929 entstand mit Unterstützung durch die österreichische Wirtschaft am Gelände des Mittelwellensenders am Rosenhügel eine Senderbaracke und eine zwischen 2 Masten aufgehängte Vertikalantenne für Kurzwellensendungen. Zweck der Anlage war, die Möglichkeiten der Kurzwelle für den Auslandsrundfunk bzw. die Ausstrahlung eines zweiten Programms auszuloten. Mitte April 1929 begannen versuchsweise Ausstrahlung unter dem Rufzeichen UOR 2 auf 6072 kHz über einen transportablen 10 Watt-Sender.

Die "Kurzwellenbaracke" auf dem Dach des Einstiegsgebäudes zu den
Wasserspeichern.


Prinzipskizze der Kurzwellenantenne.

Gesendet wurde jeden Dienstag und Donnerstag im Anschluss an die Mittagssendung und 14 Tage später jeden Mittwoch und Samstag im Anschluss an die Abendsendung je eine Stunde "Grammophonmusik". Während der Kurzwellensendungen musste der Mittelwellensender abgeschaltet werden, da es sonst zu unerwünschten Rückkopplungen gekommen wäre. Im ersten Monat trafen 46 Empfangsberichte ein.

Man setzte fort mit Übertragungen vom Weltflug des Luftschiffes "Graf Zeppelin" und über die Empfangsstationen in Laxenburg und Linz wurde ein Konzert mit javanischer Musik des Senders Bandung übernommen. Ab Dezember 1929 wurde alternierend eine 2. Frequenz im 25m-Band eingesetzt. Mitte 1930 wurden die Sendungen trotz heftiger Proteste jedoch wieder eingestellt, weil man die Kurzwellensender für die Ausstattung eines Fahrzeuges für Außenübertragungen notwendiger brauchte.


Erst im Februar 1932 wurden wieder regelmäßige Kurzwellensendungen über einen 120 Watt-Sender auf 6072 kHz aufgenommen. Die Sendezeiten waren zweimal wöchentlich von 14.30 bis 19.00 Uhr und von 20.00 bis 22.00 Uhr. Es wurde zwar das Programm von "Radio Wien" übernommen, doch erfolgten eigene Ansagen in Französisch und Englisch. Nach Unterbrechungen wegen Versuchen mit modernen Antennenformen wurde ab Herbst 1932 zweimal wöchentlich durchgehend von 14.00 bis 22.30 Uhr auf Kurzwelle gesendet. Im März 1934 erfolgte eine Steigerung der Sendeleistung auf 250 Watt und am 9. Juli 1934 wurde die Sendezeit auf alle Wochentage, jeweils von 15.00 bis 23.00 Uhr, ausgedehnt. Das Rufzeichen der Station war OER 2.

Am 28. Mai 1933 nahm der Großsender Wien-Bisamberg mit 100 kW Sendeleistung den Betrieb auf. Der nach nur etwas mehr als 7 Jahren außer Betrieb gesetzte Sender am Rosenhügel diente zur Erneuerung bzw. Verstärkung des Senders in Linz (Eröffnung 26. Juni 1936), wo er bis 1965 in Betrieb stand. Die Antennenanlage und die Gebäude wurden danach abgetragen.


Heutiger Situationsplan der ehemaligen Mittelwellen-Sendeanlage Rosenhügel.

Der Rosenhügel heute: Vom ehemaligen Sender ist nichts mehr erhalten. Das Sendergebäude, das die Mitte der Sendeanlage bildete, stand links des Einstiegsbauwerks zu den unterirdischen Wasserspeichern. Auf dem Dach des Einstiegsbauwerks stand die "Kurzwellenbaracke".
 
letzte Änderung: 12.10.2010

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