Die Rundfunkversorgung Österreichs auf
Mittelwelle war wegen der gebirgigen Topografie ein großes Problem.
Standorte in den Tälern hatten zwar oft eine günstige Bodenleitfähigkeit,
die Wellenausbreitung wurde aber durch die hohen Berge behindert. Auf den
Bergen wiederum war die Bodenleitfähigkeit sehr schlecht. Große Teil
Österreichs führten daher funktechnisch im wahrsten Sinne des Wortes ein Schattendasein.
Schon vor 1938 plante die RAVAG Kleinsender zur Versorgung größerer Orte,
welche durch die Hauptsender nur ungenügend versorgt werden konnten.
In der NS-Zeit errichtete die "Deutschen
Reichspost" für den "Reichsrundfunk" insgesamt 10 Kleinsender mit je 100 Watt Leistung
in einigen größeren Orten der Steiermark und Kärntens, in denen die Hauptsender
in Graz und Klagenfurt nur ungenügend zu hören waren.
Die 10 Standorte waren:
Steiermark: Bruck/Mur, Eisenerz, Judenburg, Leoben, Mürzzuschlag
Kärnten: Kötschach, Radenthein, Spittal/Drau, Villach
Osttirol (war damals Kärnten angegliedert): Lienz
Insgesamt war die Rundfunkversorgung Österreichs
nach 1945 äußerst schlecht. Bemühungen, bestehende Sender zu verstärken bzw.
neue Sender höherer Leistung zu errichten, blieben über viel Jahre
weitgehend erfolglos, da nicht nur internationale Übereinkommen beachtet
werden mussten, sondern auch eine Genehmigung der 4 Besatzungsmächte
notwendig war. Diese beanspruchten selbst viele Frequenzen und hatten für
die Interessen Österreichs zum Zweck einer besseren Rundfunkversorgung wenig
Verständnis.
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Zusätzlich bereiteten die restriktiven Vorgaben
des seit dem 15. März 1950 gültigen Kopenhagener Wellenplanes Probleme. Zwar
unterzeichnete Österreich wegen der zu geringen zugestandenen
Sendekapazitäten das Abkommen nicht, wollte aber offenbar nicht zu sehr die
Nachbarn mit ungenehmigten Sendern ärgern. Allerdings wurde in Kopenhagen
gebirgigen Ländern zugestanden, Kleinsender mit bis zu 150 Watt Leistung
ohne umständliches Registrierungsverfahren zu
betreiben. Diese Möglichkeit nutzte Österreich in der Folge ausgiebig.
1950
begann man mit der Errichtung einer großen Anzahl von
Mittelwellen-Kleinsendern, um wenigstens die größeren Orte ausreichend
versorgen zu können. In der ersten Ausbauphase waren Kleinsender an folgend
Orten geplant: Obervellach, Völkermarkt, Amstetten, Gloggnitz, Wiener
Neustadt, Zwettl, Bad Ischl, Radstadt, Zell am See, Liezen, Kufstein,
Landeck, Wörgl und Bludenz.
Die Wahl der Standorte war in erster Linie davon
abhängig, ob eine Signalzuführung per Postleitung möglich war. Deshalb wurde
manche Standorte oft kurzfristig vorgezogen, andere zurückgestellt. Wegen
der Signalzuführung wurde die meisten Kleinsender |
Zeitungsausschnitt von 1950 |
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anfänglich auch von der "Österreichischen Post-
und Telegraphenverwaltung" errichtet und betrieben und waren daher oft auch in
Postämtern untergebracht.
Zunächst kamen als Sendegeräte umgebaute Kurzwellen-Funkgeräte der
Deutschen Wehrmacht, welche nach Kriegsende zahlreich vorhanden waren, zum
Einsatz. Eine vom Österreichischen Rundfunk und der heimischen
Industrie veranlassten Entwicklung eines 50 Watt-Kleinsenders ermöglichte es
etwas später,
eine sehr wirtschaftliche Sendertype zu produzieren, die vollautomatisch
arbeitete und nur alle 2 Monate gewartet werden musste. Die Baugröße eines
derartigen Senders betrug HxBxT ca. 1100 x 500 x 300 mm.
Die relativ gering erscheinende Leistung von 50
Watt war ein technischer und wirtschaftlicher Kompromiss. Es galt,
Bevölkerungszentren und ihre nächste Umgebung möglichst effektiv zu
versorgen. Eine Leistung
von 100 oder 150 Watt hätte die Reichweite nur
geringfügig vergrößert und damit im meist dünn besiedelten Umland nur
relativ wenige zusätzliche Hörer erreicht, gleichzeitig wären jedoch die
Störungen in fremden Empfangsbereichen deutlich vergrößert worden. Dieser
Umstand war auch im Zusammenhang mit dem notwendigen
Gleichwellenbetrieb zusehen. Aus
Kostengründen war nämlich keine Synchronisationseinrichtung möglich. Die von
den Sendern verursachten externen Einflüsse sollten daher möglichst gering
gehalten werden. Zudem wurden die Kleinsender meist nicht auf die Frequenzen
der Hauptsender gesetzt, sondern auf Frequenzen, auf denen ein geringer
Störpegel herrschte: 674, 962, 1052, 1124, 1142, 1313, 1457 und 1546 kHz.
Diese Kleinsender
wurden zumeist in öffentlichen Gebäuden aufgestellt und verfügten über einfache
in der Regel horizontale Drahtantennen, welche wegen der gegenüber der
Wellenlänge geringen Länge hochohmig abgespeist werden mussten. Beim ab 1962
angewandten
Zweifrequenzbetrieb an den meisten Standorten der Kleinsender war die Anpassung
relativ heikel.
Unter günstigen Bedingungen betrug die Reichweite
der Kleinsender 10 bis 15
Kilometer. Erst mit der zunehmenden Belegung des Mittelwellenbereichs durch
immer mehr leistungsstarke Sender in den 1960er-Jahren vergrößerte sich
nachts der Störpegel auf vielen Frequenzen derart, dass die Reichweite auf
nur wenige Kilometer schwand und sich der weitere Ausbau des
Kleinsendernetzes als zweifelhaft erwies.
Bis zur Übernahme des
Senders Wien-Wilhelminenberg von der US-Besatzungsmacht und Betriebsaufnahme
für den Österreichischen Rundfunk am 30. Juli 1955 waren in Niederösterreich
7 Kleinsender für das 2. (nationale) Programm in Betrieb, während sie im
übrigen Österreich zu dieser Zeit nur für das 1. (regionale) Programm zu
Einsatz kamen. Der Grund war, dass für bis zum Juli 1955 in Wien für das 2.
(nationale) Programm des Österreichischen Rundfunks nur ein 2 kW-Sender zur
Verfügung stand, dessen Signal kaum über die Stadt Wien hinaus reichte. |
Foto: Wolfgang Lill
Ein Exemplar eines 50 Watt-Kleinsenders für Mittelwelle ist noch
erhalten geblieben und steht im Sendergebäude am Gaisberg bei
Salzburg. Baujahr ca. 1967. Hersteller WSW (Wiener
Schwachstromwerke, Abspaltung von Siemens 1965-1969, danach
Nachrichtentechnische Werke, ab 1971 wieder Siemens AG). |
Die niederösterreichischen Standorte waren:
Amstetten, Gloggnitz, Krems, Neunkirchen, St. Pölten, Wiener Neustadt und
Zwettl.
Ende 1954 waren für das 1. (regionale) Programm 46, für das
2. (nationale) Programm 5 Kleinsender in Betrieb.
1960 gab es 66 Kleinsender
(alle für das Regionalprogramm eingesetzt), von denen 33 von der
Postverwaltung betrieben wurden. Zwischen 1964 und 1969 gab es einen wahren Bauboom
bei den MW-Kleinsendern. Die Anzahl stieg in diesem Zeitraum von 83 auf 151.
Damit war bei den MW-Sendern der Höchststand erreicht. Doch schon Ende 1974 war
die Anzahl auf 124 zurück gegangen. Dabei blieb es für einige Jahre.
Mit der
Einstellung der Mittelwellenausstrahlung von "Österreich Regional" am 5.
September 1977 verblieben 75 MW-Kleinsender in Betrieb, doch schon Ende 1982
waren es nur mehr 17.
Ende 1989 war nur mehr der Kleinsender Scharnitz in
Tirol in Betrieb (Ö1 1026 kHz, ÖR 1314 kHz, jeweils mit 50 Watt).
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